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Körpersprache

Körpersprache ist der äußere Ausdruck einer inneren Haltung.

Körpersprache übermittelt Emotionen, Räume und Beziehungsnachrichten auf Basis eines genetischen Sozialverhaltens.
Die eigene innere Haltung wird somit an einen Empfänger, den Sozialpartner, übermittelt.

Mit der Reaktion, der Resonanz und Akzeptanz des Empfängers wird eine soziale Ordnung möglich.
Allein die Tatsache, dass Sender und Empfänger vereinbart werden, bedeutet bereits die Bildung einer persönlichen Beziehung. Folgt diese Beziehung dem genetischen Verhaltenskodex der jeweiligen Spezies, wird eine Gruppe/Herde/Rudel/Gesellschaft gebildet.

Aus diesem Grund kann man Hunde und Pferde immer dabei beobachten, dass im Kennenlern- und Begrüßungsmodus, bei jedem territorialen Eintritt eines Gruppenfremden, sofort Kommunikation in Form von Sender- Empfänger Vereinbarungen stattfinden.
In einer Herde wird der jeweilige Hengst diese Rolle übernehmen, in einem Rudel die dazu gebildete Betariege oder andere Zuständige.

Körpersprache als Teil einer emotionalen, intuitiven und sozialen Sprache braucht, weil sie keiner linear logischen Struktur (Grammatik) folgt, die Vereinbarung, wer wessen Körpersprache aufnimmt.
Körpersprache ist an Beziehung gekoppelt. Ein reiner Körperausdruck bleibt beziehungsfrei.
Die Gemeinschaft muss sicher gehen, dass die komplexen emotionalen Nachrichten, die Rudelleben erst möglich machen, auf der gleichen Frequenz mit den gleichen Schwingungen abläuft.
Körpersprache als Teil einer sozialen Sprache wird demnach ununterbrochen zur Festigung und „Einschwingung“ des Rudels verwendet.
Eine Tiergemeinschaft ist hochresonant, eine Nachricht ist nicht immer an ein Individuum gerichtet, es kann sein, dass Individuum Nummer 5 auf eine Nachricht, die bei Nummer 4 ankam, reagiert.
Kommunikation und Beziehungen verschmelzen zu einer kleinen Anzahl von Grundemotionen.

Körpersprache ist in Verbindung mit allen anderen Kommunikationsparametern von sozialer Sprache –
Soziale Ordnung, soziale Rollen, Reifeprozess, Nähe und Distanz, Verantwortungsebenen – das Kommunikationsmittel Nummer 1 unter Tieren.
Jede Bewegung hat ihren Platz, ihren Raum und ihren Sinn im Tierreich.
Keine einzige Bewegung von sozialen Tieren ist frei von Bedeutung.
Jede Bewegung ist Kommunikation. Auch Nichtbewegen ist Kommunikation.

Die Bedeutung der Bewegung und der Körperhaltung ist immer auf einen Artgenossen gemünzt.
Die Bedeutung ist für Artgenossen per DNA und Verhaltenscodex sofort zu entziffern.
Es muss bis zur Resonanz geübt werden.

Ein Üben von Sozialverhalten stärkt Bindungen, ist aber für den Aufbau nicht erforderlich. Dieser erfolgt beinahe von alleine, denn die Rituale und Fragen zur Sozialvereinbarung kommen von alleine zum rechten Entwicklungs-Zeitpunkt und werden auch zum rechten Zeitpunkt wieder ausgesetzt.
Artgerechte Kommunikation über Körpersprache löst niemals Unsicherheit, Scheu oder Stress aus, auch wenn sie über die Emotion Aggression ausgeführt ist. Aggression dient der Integration des Empfängers, der Darstellung des eigenen Raums innerhalb einer Beziehung und nicht der Verbannung des Empfängers.

Vergesellschaftete Tiere sind von Natur aus altruistisch, ihre Sozialinstinkte gehen dahin, sich eigene Räume nur innerhalb von Beziehungen zu schaffen. Sind vergesellschaftete Tiere dazu gezwungen, ohne Gesellschaft zu leben, werden sie durch eine Art Notprogramm am Leben gehalten. Scheuverhalten und egoistische Züge im Verhalten eines Straßenhundes zum Beispiel kommen nicht aus der Seele des Hundes, sie kommen aus dem eklatanten Mangel an Beziehung. Er stiehlt sich Futter und verteidigt es nach außen, weil es für ihn kein Stehlen ist (es fehlt die Gemeinschaft, der er es nehmen könnte) und das Gegenüber, vor dem er das Futter verteidigt, kein Rudelmitglied ist, mit dem er es ansonsten teilen könnte.
Ein Hund ist bei der Bildung einer verlässlichen Gemeinschaft davon abhängig, dass seine Sozialpartner Ansprüche auf Raum, Beziehung (Zeit), und Besitz stellen.
Anhand der anderen Ansprüche kann er seinen eigenen Platz in der Gesellschaft finden. An welcher Stelle einer „Hierarchie“ dies geschieht, ist prinzipiell gleichgültig.
Moderne Modehundeerziehung baut auf Kapitalismus und persönlichen Vorteil auf.
In altruistischen Gesellschaften ist Belohnung, Bestrafung und Motivation nicht erforderlich, die Integration ist der größte erdenkliche innere Antrieb und Teilen ist bekanntlich doppelte Freude.

Eine Erziehung über Belohnung inkludiert über seine Denkweise automatisch Bestrafung (die unnatürlich ist) und schafft asoziale Rudelverhältnisse.
Ein Mensch, der ein bestimmtes Verhalten aus einem Hund herausbelohnt, schließt ihn aus seiner Beziehung automatisch aus.
Die Bezeichnung „positive Verstärkung“ ist ein reiner Euphemismus.

Hundeunterricht, der einem Stundenplan folgt, mag rentabler sein als einer der den Rhythmen der Natur folgt und der soziale Voraussetzungen schafft, um im Tier selbst den Wunsch zu generieren, dies oder jenes zu tun.
Er ist aber in jedem Falle für das Tier ein Verlustgeschäft.

Moderne Hundeerziehung ist Beziehungskapitalismus, reines Geschäft am Tier, zu dessen Ungunsten.
Der Hund wird in ein sadomasochistisches Korsett von Belohnungen gezwängt und erleidet die größte Qual, die er erleiden kann. Die Einsamkeit mitten unter anderen.
Ein Hund, der belohnt wird, kann sozial nicht reifen und wird zum Lebensacessoire des Menschen, bei dem er lebt.

Körpersprache als Kommunikationsmittel und Transporter von Emotionen ist hier nicht wirksam und die Fragen des Tieres an seine „Mitbewohner“ bleiben lebenslang ungehört.

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Wer als Mensch die Körpersprache seiner Tiere kennt, kann zum einen die Signale deuten, die ihm gesendet werden, er kann aber auch selbst zum Signalgeber werden und somit wie ein Artgenosse mit dem Tier kommunizieren.
Gleichzeitig entsteht dabei eine Sozialordnungs- und Beziehungsvereinbarung.
Wer den Verhaltenscodex seiner Tiere kennt, kann über Körpersprache sozial verbindliche Vereinbarungen senden, er kann alles, was für das Tier wichtig ist, über Körpersprache zum Ausdruck bringen.
Konrad Lorenz hat das mit Gänsen und Dohlen gezeigt, Eberhard Trumler hat es an Haushunden erforscht, ich habe es in den Familienrudeln überall in Europa überprüfen dürfen, in der Pferdearbeit erlebt, in der Hütearbeit erlebt, beim Jagen und bei Jagdspielen gesehen. Die Kommunikation per Körpersprache ist omnipräsent. Sie ähnelt sich enorm und ist mit beinahe identischen Aussagen belegt. Sozialleben ist eben immer mit den gleichen Anforderungen durchzogen und erfordert ähnliche Rollenverteilungen.
Der Verhaltenskodex lässt soziale Tiere permanent, 24 Stunden am Tag, über Bewegungen und damit verbundene Annäherungen aneinander und Körperhaltungen die Sozialvereinbarungen kontrollieren und sich rückversichern, dass alles stabil ist und in Ordnung bleibt.

Aus Gründen, die noch näher zu erläutern sein werden, ist es für den Menschen wichtig, mit seiner Körpersprache auch eine eindeutig zugeordnete verbale Sprachregelung einhergehen zu lassen.

Der entscheidende Grundsatz dabei ist, dass Befehle zu den jeweiligen Bewegungen passen müssen.
„Fuß“ …. ich laufe. „Sitz“ …. ich stehe. „Platz“ …. ich stehe und verkürze mit dem Oberkörper die Distanz. „Hier“ … ich stehe.
Erst, wenn die Bedeutung hinter der Bewegung verbal verankert ist, kann ich meine Bewegungen unabhängig machen und mich auf die Sozialvereinbarung verlassen.

Wer sich pädagogisch und/oder verhaltensbiologisch informiert hat, wird sehr schnell an den Punkt kommen, an dem auffällt, dass „Kommunikation für sich genommen“ bereits ein klares Rangordnungsinstrument ist.
„Wissen ist Macht“  ist auch für Menschen ein wichtiger Grundsatz. Der Chef ist auch bei uns Menschen derjenige, der „das Sagen hat“.
Man nimmt nur die Signale desjenigen wahr, der auch etwas zu melden hat, in der jeweiligen Gesellschaft.
Der Rest ist nur Geräusch und Beiwerk.

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Ich bin jeden Winter fasziniert von den großen Krähengruppen um das Dorf, alles Jungspunde, die noch kein Paar bilden dürfen.
Fliegt der eine krächzend und hektisch auf (also das körpersprachliche Signal für „Los alles auf in die Lüfte“), interessiert es keine einzige andere Krähe. Macht eine Minute später eine andere Krähe das selbe, sind plötzlich alle weggeflogen.
Warum, das Signal war doch identisch?
Ganz einfach: Die erste Krähe war rangnieder, die zweite war ranghoch.
Die Qualität der Nachricht ist dabei gleichgültig. Es ist der Rang, der die Nachricht wirken lässt.

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Die Natur sichert seine Mitglieder eben ab. Echte Gefahrlaute werden rangunabhängig von allen sofort umgesetzt.
Lässt ein Affe einen Todesschrei los, wird er sogar von seinem ärgsten Widersacher verteidigt werden.
Ich kann meine Beobachtung natürlich nicht wissenschaftlich belegen, dafür müsste ich die Krähengruppen nach wissenschaftlichen Prinzipien erforschen. Ich habe aber Glück, Meister Lorenz hat sich dem Thema bereits gewidmet.

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Sein Versuch ging folgendermaßen:
In einer Gruppe Schimpansen im Zoo von Hannover wurde ein rangniederes Männchen isoliert. Diesem Männchen brachte man bei, aus einem Automaten über Knopfdruck in bestimmter Reihenfolge eine Banane zu ziehen.
Danach brachte man das rangniedere Männchen nebst Automaten zurück in die Gruppe.
Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Nach 2 Tagen stand der Automat verlassen im Eck, auch das rangniedere Männchen zog keine Banane mehr. Warum, können Sie nachlesen unter „Kommunikationsparameter Beute und Beutesymbole“.
Dann hat man den Versuch mit einem der Clanchefs wiederholt.

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Ergebnis: nach 2 Tagen konnten alle Mitglieder der Gruppe Bananen ziehen, und sie taten das auch ihrem Rang gemäß. Das Wissen des Ranghohen wurde als Modell übernommen. Es floss in das gemeinsame Wissen ein.

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Tja, Sprache ohne Rangordnung ist Geplapper. Kommunikation mit Rangordnung ist überlebensrelevant.
Deshalb wird jede soziale Gesellschaft auf diesem Planeten zuerst! die Rangordnung und dann erst die Kommunikation klären. Kommunikation ohne soziale Vereinbarung im Vorfeld ist nur mühevoll. Warum das beim Menschen anders ist, kann ich gerne an anderer Stelle erklären, es sei nur angedeutet, dass es eben schwieriger ist, sich kulturell dessen zu versichern, dass der Nachbar dir nicht im Schlaf die Bettdecke klaut und dir eines auf die Rübe gibt, als im archaischen Bereich.
Körpersprache wird also ein hervorragendes Kommunikationsmittel sein, wenn sie klug eingesetzt wird und gar keines, wenn sie nicht zu den Clanchefs gehören.

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Körpersprache hängt an allen anderen Kommunikationsparametern dran, sie ist untrennbar mit Rangordnung oder „Nähe und Distanz“-Regelungen verbunden.
Je nachdem, wie eng man mit dem Tier lebt, mit einem Hund viel enger als mit einem Pferd, wirkt sich die Körpersprache auch als sozialer Parameter aus.
Sie schafft Verbindung. Interessanterweise über die Distanz. Aber dazu später im Detail.
Einer der paradox erscheinenden Mechanismen ist, dass die Qualität der Verbindung über den Aufbau von Distanz geprüft wird. Nach Akzeptanz der Distanzierung werden die Grenzen aufgehoben. Körpersprachliche Bereiche und Regelungen gelten also nicht absolut. Nach einer Beziehungsüberprüfung wird kein großes Aufhebens um Körpersprache gemacht. Während der Distanzklärung wird sich dominant und groß und aufgespannt gezeigt, in der tausendstel Sekunde, in der einer die Dominanz anerkennt, ist alles entspannt, locker und völlig ohne Aggression.
Der Hund darf also, wenn die Ordnung geklärt ist, durchaus vor Ihnen durch die Tür gehen. Niemals platte Aussagen treffen, niemals absolut urteilen, so funktioniert die Welt der Tiere, mit denen wir so eng verbunden sind, nicht.
Vielleicht sollten wir uns bewusst werden, in unserer eigenen Welt auch nicht platt und absolut zu kommunizieren.